Kindertransporte nach der Befreiung

Die Eltern und weitere Verwandte der etwa 900 minderjährigen Überlebenden des KZ Buchenwald waren fast alle ermordet worden. Weitere Waisenkinder wurden nach der Befreiung aus anderen Lagern nach Buchenwald gebracht. Eine Rückkehr nach Hause war für die meisten undenkbar. Durch die Zusammenarbeit der Alliierten mit internationalen Hilfsorganisationen wurden Unterkünfte in Waisenhäusern und Pflegeheimen organisiert. Eine besondere Rolle spielte dabei die Organisation „Œuvre de secours aux enfants“ (OSE). Die Schweiz nahm 280 Kinder und Jugendliche aus Buchenwald, Frankreich 480 und England 250 auf. Viele der jüdischen Jugendlichen wollten später nach Palästina emigrieren.

Die meisten überlebenden Kinder und Jugendlichen aus dem KZ Mittelbau-Dora wurden in Bergen-Belsen befreit. Von dort aus wurden Transporte u.a. nach Schweden organisiert.

„Wo sind unsere Eltern?“ Befreite Kinder und Jugendliche aus Buchenwald auf dem Weimarer Hauptbahnhof in einem Zug nach Écouis (Frankreich), 1. Juni 1945.

Der 15-jährige aus Polen verschleppte jüdische Junge Jozek Dziubak schreibt in einer Mischung aus Deutsch und Jiddisch auf einen der Waggons: „Vo sind unsere Elterin? Ihr (Nazi)Mörder“. Der Zug brachte über 400 befreite Kinder und Jugendliche nach Frankreich.

(Gedenkstätte Buchenwald)

„Waisen“. Befreite Jugendliche auf dem Weg in ein Kinderheim in Écouis, Juni 1945.

Aufgrund der akuten Kleidungsnot im befreiten KZ hatten die amerikanischen Befreier die Kinder und Jugendlichen zum Teil mit Uniformen der Hitlerjugend eingekleidet. In Frankreich wurde ihr Zug daraufhin angegriffen, sie wurden für Nazis gehalten. Die Aufschriften auf den Waggons „K.L. Buchenwald“ und „Waisen“ dienten dem Schutz der Reisenden. Bei einem Halt drängen die Jugendlichen zum Fenster. Zu sehen sind auf diesem Foto Jacques Rybsztajn (zweiter von links) und Arthur Fogel (unten rechts).

(United States Holocaust Memorial Museum)

Jüdische Jugendliche mit Davidstern-Fahne vor ihrer Abreise aus dem befreiten KZ Buchenwald, 5. Juni 1945.

Die beiden Mädchen Yetti Halpern Beigel (links) und Martha Weber (rechts) waren im KZ Bergen-Belsen inhaftiert. Nach der Befreiung wurden sie zur medizinischen Behandlung ins DP-Camp Buchenwald geschickt. Zusammen mit einem namentlich unbekannten Jugendlichen aus Lettland (Mitte) wurden sie kurz nach ihrer Abfahrt nach Frankreich fotografiert. Die Mädchen wollen nach Palästina weiterreisen.

(Foto: James E. Myers, Gedenkstätte Buchenwald)

Ankunft: Am Bahnhof von Écouis werden die Kinder und Jugendlichen von den Behörden empfangen, 5. Juni 1945.

Nach der Zugfahrt werden sie von Mitarbeiter:innen der Hilfsorganisation für jüdische Kinder OSE empfangen. Die meisten Kinder und Jugendlichen blieben bis 1947/48 in Frankreich.

(Gedenkstätte Buchenwald)

Die Schweizer Filmwochenschau berichtet über die Ankunft der „Buchenwaldkinder“, 29. Juni 1945.

Rabbi Herschel Schacter begleitete die Kinder und Jugendlichen auf ihrem Transport aus Buchenwald in die Schweiz. In dem Film ist unter anderen der vierjährige Joseph Schleifstein zu sehen. Bei der Ankunft der „Buchenwaldkinder“ in der Schweiz waren die Behörden und die Presse überrascht über das Alter der Geretteten. Eigentlich sollten nur Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre mithilfe der humanitären Hilfsaktion in die Schweiz gebracht werden, doch auch heimatlose junge Erwachsene brauchten eine Zukunftsperspektive.

(Schweizerisches Bundesarchiv)

„Buchenwaldkinder“ in Genf, 1945/46.

Neben der Erholung erlernten die Jugendlichen in den OSE-Heimen auch Ausbildungsberufe, um sich ein neues Leben aufbauen zu können. Auf diesem Gruppenfoto vor dem Hôme de la Forêt in Genf sind unter anderem Gert Silberbard, Gilles Segal and Norbert Bikales abgebildet.

(United States Holocaust Memorial Museum)

Neue Unterkunft in der Schweiz: Hôme de la Forêt in Genf, 1945/46.

Die Kinder und Jugendlichen aus Buchenwald, die von der Schweiz aufgenommen wurden, waren in verschiedenen Waisenhäusern und Erholungsheimen untergebracht. In Genf stand das Hôme de la Forêt zur Verfügung, die Hilfsorganisation OSE (Oeuvre de Secours aux Enfants) war für die Betreuung zuständig.

(United States Holocaust Memorial Museum)

„Es war eine große Anstrengung, uns ins Leben zurückzuholen.“ Bericht von Shraga Milstein über den Transport nach Schweden, Februar 2021.

Shraga Milstein wurde im Herbst 1944 als 11-Jähriger aus einem Zwangsarbeitslager in Polen mit seinem jüngeren Bruder und seinem Vater in das KZ Buchenwald verschleppt. Der Vater starb dort; die Brüder wurden im Januar 1945 getrennt, als Shraga Milstein nach Bergen-Belsen überstellt wurde. Beide Brüder überlebten und kamen im Sommer 1944 mit einer Gruppe anderer überlebender Kinder nach Schweden.

(Gedenkstätte Buchenwald)

Internat Torekulls in Billesholm, Schweden, 1946.

In dem Internat waren 1945 bis 1947 die Brüder Milstein und andere Kinder aus befreiten Lagern untergebracht.

(Dansk Jødisk Museum)

NACH DER BEFREIUNG