DP-Lager und Kibbuz Buchenwald

Im Verlauf des Zweiten Weltkriegs verschleppten die Deutschen mehrere Millionen Menschen in das Deutsche Reich. Die Alliierten registrierten sie nach der Befreiung als „Displaced Persons“ (DP) und organisierten die Rückkehr in die Herkunftsländer. Als DPs galten nicht nur die KZ-Überlebenden, sondern auch befreite zivile Zwangsarbeiter:innen vor allem aus Osteuropa.

In allen Besatzungszonen Deutschlands wurden nach Kriegsende sogenannte DP-Camps errichtet, so auch in den befreiten Lagern Buchenwald und Mittelbau-Dora. Insbesondere bei den zumeist jüdischen Waisenkindern war eine Repatriierung jedoch nicht möglich. Einige von ihnen gründeten den „Kibbuz Buchenwald“, um sich auf die gemeinsame Ausreise nach Palästina vorzubereiten und dort ein jüdisches Gemeindeleben aufzubauen.

Anfang Juli 1945 wurde Thüringen Teil der sowjetischen Besatzungszone. Das DP-Camp Buchenwald wurde in ein „Repatriierungslager“ unter sowjetischer Leitung umgewandelt und im Oktober 1945 aufgelöst.

Alliiertes Banner am Haupteingang des „Displaced Persons Center II“ in Buchenwald, April/Mai 1945.

Nach der Befreiung der Konzentrationslager entstanden in Deutschland, Österreich und Italien etwa 2000 DP-Camps. Auch das ehemalige KZ Buchenwald diente als Aufnahme- und Durchgangslager für ehemalige Häftlinge und Zwangsarbeiter:innen.

(Foto: Alfred Stüber, Gedenkstätte Buchenwald)

Joseph Schleifstein auf einem LKW der UNRRA im DP-Camp Buchenwald, nach dem 11. April 1945.

Das UN-Hilfswerk United Nations Relief and Rehabilitation Administration (UNRRA) war für die Betreuung der DP-Camps zuständig und organisierte die Rückführung der Verschleppten in ihre Herkunftsländer. Das Foto des 4-jährigen KZ-Überlebenden Joseph Schleifstein entstand im befreiten Lager Buchenwald.

(United States Holocaust Memorial Museum)

Eine Mitarbeiterin der UNRRA mit Waisenkindern im DP-Camp Dora, 29. Juni 1945.

Im befreiten KZ Mittelbau-Dora wurde ebenfalls ein DP-Camp eingerichtet. Im Mai 1945 waren hier über 20.000 befreite Zwangsarbeiter:innen und einige Hundert KZ-Überlebende untergebracht. Mitarbeiter:innen der UNRRA kümmerten sich um Waisenkinder, deren Eltern als Zwangsarbeiter:innen oder KZ-Häftlinge ums Leben gekommen waren.

(Foto: Edward Vetrone, KZ-Gedenkstätte Mittelbau-Dora)

Gedenkfeier jüdischer DPs im befreiten Lager Buchenwald, Juni 1945.

Im DP-Camp Buchenwald organisierten Überlebende bereits kurz nach der Befreiung viele kulturelle Veranstaltungen. Dazu gehörten sowohl religiöse Feste und Gottesdienste als auch das Gedenken an die Toten. In der Mitte ist Joseph Schleifstein in seinem gestreiften Häftlingsanzug zu sehen.

(United States Holocaust Memorial Museum)

„Von den Überlebenden wird ein beträchtlicher Teil bemüht sein, in Palästina eine neue Heimat zu finden. Nach den unsäglichen Leiden, das diese Menschen erduldet haben, ist es Pflicht der zionistischen Öffentlichkeit, dafür zu kämpfen, dass diesen Zionisten baldigst die Möglichkeit geboten wird, nach Eretz Israel einzuwandern. […] Erwirket Sonderzertifikate für Kinder und Jugendliche, die sich noch […] in den Lagern befinden und zum überwiegenden Teil Waisen sind. Schaffet für diese Kinder die Möglichkeit einer Hachschara in Westeuropa, da sie sonst bei Rückkehr in ihre frühere Heimat der öffentlichen Fürsorge zur Last fallen würden. Rettet den Rest der jüdischen Jugend Mitteleuropas!“

„Erwirket Sonderzertifikate für Kinder und Jugendliche“. Aufruf des Jüdischen Hilfsausschuss, 22. April 1945.

Palästina war eines der Hauptziele für die Auswanderung jüdischer Überlebender. Bis zur Staatsgründung Israels im Mai 1948 stand das Land noch unter britischem Mandat, die Einreise war streng reguliert. Die zionistische Bewegung hatte bereits in den 1920er Jahren sogenannte Hachschara-Einrichtungen gegründet, um die Auswanderung mit landwirtschaftlicher Ausbildung vorzubereiten.

(Ghetto Fighters’ House – Beit Lochamei HaGeta’ot )

Jugendliche Mitglieder des Kibbuz Buchenwald singen im Außenbereich des Gehringshofes Partisanenlieder, Sommer 1946.

Der Kibbuz Buchenwald auf dem Gehringshof bestand von Juni 1945 bis Oktober 1948. Während der Vorbereitungen zur Ausreise nach Palästina fanden dort vielseitige Kulturveranstaltungen statt. 1948 zog der Kibbuz nach Israel um und nannte sich 1950 in Netzer Sereni um. 1999 wurde der Kibbuz aufgelöst.

(Foto: David Marcus, United States Holocaust Memorial Museum)

Kibbuz Buchenwald. Gruppenfoto vor der landwirtschaftlichen Ausbildungsstätte in Gehringshof, 1946.

Am 3. Juni 1945 wurde in Egendorf bei Weimar von jüdischen Überlebenden der „Kibbuz Buchenwald“ gegründet. Bevor Thüringen im Juli 1945 Teil der sowjetischen Besatzungszone wurde, zogen die etwa 50 größtenteils jugendlichen Mitglieder in den Gehringshof in der Nähe von Fulda um. Der Kibbuz Buchenwald (in hebräischen Lettern an die Hauswand geschrieben) diente der Vorbereitung auf die Ausreise nach Palästina.

(United States Holocaust Memorial Museum)

Weiterführende Informationen:

Juliane Wetzel: Displaced Persons (DPs), in: Historisches Lexikon Bayerns,
historisches-lexikon-bayerns.de.

NACH DER BEFREIUNG