Stefan Jerzy Zweig
Das berühmte Buchenwaldkind
Stefan Jerzy Zweig wird am 18. Januar 1941 in Krakau als Sohn des Anwalts Zacharias Zweig und seiner Frau Helena geboren. Mit seinen Eltern und seiner acht Jahre älteren Schwester Sylwia durchlebt er das Krakauer Ghetto und mehrere Lager in Polen.
Im Sommer 1944 wird die Familie auf einem Transport getrennt. Die Mutter und Schwester kommen in das KZ-Außenlager Leipzig-Thekla und werden später in Auschwitz ermordet, der dreijährige Stefan wird zusammen mit seinem Vater nach Buchenwald deportiert. Dort gelingt es Zacharias Zweig mit Hilfe politischer Häftlinge, das Überleben seines Sohnes zu sichern.
Nach dem Ende des Krieges leben Vater und Sohn in Polen und Frankreich, später wandern sie nach Israel aus. Als das „Buchenwaldkind“ in Bruno Apitz‘ Roman „Nackt unter Wölfen“ (1958) wird Stefan Zweig weltberühmt. Er selbst erfährt erst nach der Verfilmung von 1963 von der fiktionalisierten Rettungsgeschichte. 1964 besucht er die DDR und lernt dort seine spätere Ehefrau kennen, mit der er seit 1972 in Wien lebt.
Häftlingspersonalkarte des dreijährigen Stefan Jerzy Zweig, 5. August 1944.
Stefan Jerzy Zweig wurde am 5. August 1944 gemeinsam mit seinem Vater Zacharias Zweig im KZ Buchenwald eingeliefert. Als Grund seiner Inhaftierung wurde die Klassifizierung als polnischer politischer Jude angegeben. Im oberen Bereich der Karte ist „Jude-Jugendlich“ vermerkt.
(Arolsen Archives)
Von der Liste gestrichen. Zweite Seite der Transportliste von Buchenwald nach Auschwitz, 25. September 1944.
Ende September 1944 ließ die SS einen Vernichtungstransport von 200 Kindern und Jugendlichen nach Auschwitz-Birkenau zusammenstellen. Auch Stefan Jerzy Zweig stand zunächst auf der Transportliste (Nr. 200). Um ihn zu retten, brachte ihn sein Vater auf die Typhusstation des Lagers und ließ ihm ein fieberbringendes Mittel injizieren. Auf diese Weise wurde Stefan für transportunfähig erklärt und entging dem sicheren Tod in Auschwitz. An seiner Stelle deportierte die SS den 16-jährigen Sinto Willy Blum nach Auschwitz.
(Arolsen Archives)
Nach der Befreiung. Stefan Jerzy Zweig auf einer Lagerstraße in Buchenwald, nach dem 11. April 1945.
Der vierjährige Stefan Jerzy Zweig vor den Häftlingsblöcken 47 (links) und 59 (rechts). Die warme Kleidung verdankte der Junge einigen Mithäftlingen, die diese für ihn besorgt und genäht hatten.
(Foto: Alfred Stüber, Privatbesitz)
„Ich traute meinen Augen nicht! Mein Kind war sehr schön angezogen. Es trug einen extra für ihn zugeschnittenen und in den Werkstätten für Häftlinge genähten Anzug. Es hatte eine gut zugeschnittene Bluse aus neuem Stoff, dunkelblau mit weißen Streifen, an. Es trug kurze Höschen und extra für ihn angefertigte neue Schühchen. Als ich kam, war es mit Spielzeug beschäftigt.“
Zacharias Zweig erinnert sich an die Lagerkleidung seines Sohnes in Buchenwald, 1987.
(„Mein Vater, was machst du hier…?“. Zwischen Buchenwald und Auschwitz. Der Bericht des Zacharias Zweig, Herausgegeben von Berthold Scheller in Kooperation mit Stefan Jerzy Zweig, Frankfurt a.M. 1987)
Eine antifaschistische Heldengeschichte. Pressefoto zum Film „Nackt unter Wölfen“, 1962.
In der von Apitz‘ fiktionalisierten Geschichte des Romans und in der DEFA-Verfilmung existierte der Vater von Stefan Jerzy Zweig nicht. Stattdessen wurde er von deutschen kommunistischen Kapos gerettet.
(Foto: Waltraut Pathenheimer, DEFA -Stiftung)
„Der Kampf um dieses Kind ist der Beweis von der Größe und Schönheit und nicht zuletzt vom Sieg des Menschen über die Barbarei.“
Bruno Apitz im Trailer zum DEFA-Film „Nackt unter Wölfen“ von Frank Beyer, 1963.
Die fiktionalisierte Rettung von Stefan Jerzy Zweig durch kommunistische Häftlinge im KZ Buchenwald diente in der DDR der Heroisierung des antifaschistischen Lagerwiderstands.
(DEFA-Stiftung)
Stefan Jerzy Zweig (links, mit Mütze) trifft bei einem Besuch der Nationalen Mahn- und Gedenkstätte Buchenwald den Autor und ehemaligen Häftling Bruno Apitz (rechts), 1964.
Stefan Jerzy Zweig erfuhr erst 1964 von seiner Rolle in dem Roman „Nackt unter Wölfen“ und der Verfilmung. Journalisten spürten ihn in Frankreich auf, er wurde in die Gedenkstätte Buchenwald eingeladen. Das Treffen mit Apitz wurde propagandistisch inszeniert.
(Foto: Norbert Schwarz, Gedenkstätte Buchenwald)