Stepan Baz
Arbeitserziehungshäftling in Buchenwald
Am 5. Mai 1927 wird Stepan Grigorjevitsch Baz in Nikolajewka (Ukraine) geboren. 1942 wird er zur Zwangsarbeit nach Deutschland verschleppt. Ab Juli 1942 muss der 15-Jährige als Zivilarbeiter in der Nähe von Halle arbeiten. Mitte des Monats meldet ihn seine Arbeitsstelle als flüchtig. Wenig später liefert ihn die Staatspolizei Halle über das Lager Watenstedt als Arbeitserziehungshäftling in das KZ Buchenwald ein.
Im Rüstungsbetrieb Gustloff-Werk II muss er schwere körperliche Zwangsarbeit leiten. Wegen angeblicher Sabotage steckt ihn die SS im Herbst 1942 in den Arrest, später wird ihm die rechte Hand amputiert. Fritz Unger und andere kommunistische Häftlinge finden den verletzten Jungen im Krankenbau und kümmern sich um ihn. Durch diese Hilfe überlebt Stepan Baz Buchenwald.
Zwei Wochen nach der Befreiung kehrt Baz zu seiner Familie in die Ukraine zurück. Dort heiratet er und bekommt mit seiner Frau zwei Kinder. Stepan Baz stirbt am 7. Dezember 2016.
Häftlingspersonalkarte des KZ Buchenwald von Stepan Baz, 24. Juli 1942.
Stepan Baz wurde nach eigenen Aussagen am 5. Mai 1927 geboren, auf seiner Häftlingspersonalkarte und weiteren Dokumenten aus Buchenwald war er ein Jahr jünger. Im KZ Buchenwald wurde er als „AEH-Jugendlich“ registriert. Baz war einer der ersten jugendlichen Arbeitserziehungshäftlinge im Block 8, in dem ab 1942 vor allem Jugendliche und Kinder untergebracht waren.
(Arolsen Archives)
„Ich wollte aber nicht arbeiten für die Faschisten, und ich wurde dann in das Konzentrationslager geschickt. […] Im Konzentrationslager musste ich wieder arbeiten, du weißt schon: alle Prozeduren, die vorher geschehen sollten, und dann wieder zur Arbeit, ins Gustloff-Werk. Ich habe so gearbeitet, es gab dort zwei deutsche Kameraden – vielleicht Häftlinge – und ich sollte denen helfen, aber ich habe ‚umgekehrt‘ geholfen. Ich weiß nicht, wie ich das richtig nennen soll, es gab Mechanismen, die verschiedene Details ausschneiden mussten, und ich habe die nach und nach kaputt gemacht. Dann hat es der SS-Aufseher gesehen und hat mich mit nach oben genommen, zum Tor. Und dann haben die Verhöre angefangen […]. Sie haben mich mehrmals gefragt, haben mich sehr stark geschlagen, in die Zelle eingeschlossen.“
„…und ich habe die nach und nach kaputt gemacht“. Interview mit Stepan Baz über seine Sabotage im Gustloff-Werk, 2009.
(Gedenkstätte Buchenwald)
„Zustand nach Amputation“. Revierkarte von Stepan Baz aus dem KZ Buchenwald, 1942-45 (Vorder- und Rückseite).
Nach der Arresthaft amputierte ein SS-Arzt die rechte Hand von Stepan Baz. Die Folgen sind auf der Revierkarte vermerkt: Seine Wunden verheilten nicht, noch im Mai 1943 eiterte die Narbe. Bei Transportuntersuchungen, die ihn für Zwangsarbeitseinsätze freigeben sollten, wurde er mehrfach zurückgestellt und konnte dadurch in Buchenwald verbleiben.
(Arolsen Archives)
Zu Besuch in der DDR. Stepan Baz (l.) mit Fritz Unger, 1960er Jahre.
Dank der Hilfe von Fritz Unger und weiteren kommunistischen Funktionshäftlingen überlebte Stepan Baz nach der Amputation seiner Hand. 1962 nahm Stepan Baz Briefkontakt mit Fritz Unger auf. Sie besuchten sich gegenseitig in der DDR bzw. in der Sowjetunion. Die DDR-Presse berichtete in großer Aufmachung über die Rettung des jungen Ukrainers durch deutsche Kommunisten.
(privat)
Stepan Baz berichtet seinen Söhnen Witja und Tolja vom KZ Buchenwald, 1962.
Baz trat nach seiner Rückkehr in die Ukraine der Kommunistischen Partei bei und wurde später Vorsitzender einer Kolchose. Mit seiner Frau bekam er zwei Söhne. Die Rettungsgeschichte des Jugendlichen im KZ Buchenwald durch kommunistische Häftlinge wurde in der DDR-Presse mehrfach aufgegriffen. Bis kurz vor seinem Tod 2016 trat er als Zeitzeuge auf.
(„Und weil der Mensch ein Mensch ist…“, Hrsg. von der Gesellschaft für Deutsch-Sowjetische Freundschaft, Bezirksvorstand Karl-Marx-Stadt, 1962)