Suzanne Orts (geb. Pic)
Als Jugendliche in der Résistance

Am 12. April 1927 wird Suzanne Pic in Séte (Frankreich) geboren. Im Mai 1940 überfällt die Wehrmacht Frankreich. Gegen die deutschen Besatzer und das neue Regime entstehen verschiedene Untergrundorganisationen, die sich 1943 zur Résistance zusammenschließen.

Auch die 16-jährige Suzanne wird in der Résistance aktiv. Während einer Widerstandsaktion wird sie 1944 verhaftet und nach Deutschland deportiert. Über das KZ Ravensbrück kommt sie im Juli 1944 in das spätere Buchenwald-Außenlager HASAG-Leipzig. Dort muss sie Zwangsarbeit in der Rüstungsindustrie leisten.

Im April 1945 löst die SS das Lager auf und treibt die Frauen und Mädchen nach Osten. Die Jugendliche kann sich zusammen mit anderen Häftlingen vom Todesmarsch absetzen, wenig später werden sie von sowjetischen Soldaten befreit. Suzanne kehrt nach Paris zurück, heiratet Elie Orts und engagiert sich bis zu ihrem Tod 2018 in unterschiedlichen Überlebendenverbänden. 2006 erhält sie den französisch nationalen Verdienstorden.

Suzanne Pic vor der Deportation aus Frankreich, 1944.

Ihr Vater arbeitete als Steuerkontrolleur, die Mutter war Hausfrau und unter deutscher Besatzung ebenfalls in der Résistance aktiv.

(Privatbesitz Familie Madar)

Häftlingspersonalkarte des KZ Ravensbrück für Suzanne Pic, 23. Juni 1944.

Von Perpignan wurde Suzanne mit ihrer Mutter in das KZ Ravensbrück deportiert. Sie erhielt die Nummer 43155 und als politische Gefangene den roten Häftlingswinkel. In diesem ist die Kennzeichnung „F“ für Französin eingetragen.

(Arolsen Archives)

Häftlingspersonalkarte des KZ Buchenwald für Suzanne Pic, 12. September 1944.

Im Juli transportierte die SS Suzanne und ihre Mutter nach Leipzig-Schönefeld. Dort hatte die SS im Juni 1944 das KZ-Außenlager HASAG Leipzig eingerichtet. Es unterstand zunächst dem KZ Ravensbrück, wurde dann aber Buchenwald unterstellt. Mit 5.000 Häftlingen war es das größte Frauen-Außenlager von Buchenwald.

(Arolsen Archives)

„12 Stunden Arbeit, eine Woche am Tage, eine Woche in der Nacht; sonntags ist Erholung. Hinzu kommt morgens und abends immer die Zeremonie der Appelle. Wecken um 4 Uhr. Wir stellen 7 Kilo schwere Luftabwehrgranaten her. […] Den ganzen Tag lang muß man diese 7 Kilo bewegen, von einem Tisch herunternehmen, um eine drehende Bürste halten, dabei mit einem Lappen voller Fett bestreichen und dann in den Wagen legen. Das ganze 200, 300, 400 Mal am Tag. […].“

Bericht von Suzanne Orts (geb. Pic) über die Zwangsarbeit als 17-jährige im Außenlager HASAG-Leipzig, 1993.

(Gedenkstätte Buchenwald)

Selbstgemachte Schmuckstücke, 1944/45.

Suzanne Pic fertigte aus Materialresten heimlich einen Gürtel, eine Brosche und ein Kreuz an. 1944 veranstalteten die weiblichen Häftlinge in Leipzig ein kleines Weihnachtsfest, bei dem sie sich gegenseitig kleine Geschenke machten. Suzanne bekam ein Adressbuch aus Stroh, Wolle, Papier- und Stoffresten, in dem ihre Initialen „SP“ eingestickt sind.

(Gedenkstätte Buchenwald)

„Trotz des Unterdrückungssystems, mit dem versucht wurde, aus uns verschreckte und ängstliche Schafe zu machen, trotz der Schikanen und Strafen, mit denen man uns unsere Menschlichkeit rauben wollte, haben wir versucht, würdige und stolze Frauen zu bleiben.“

Selbstbehauptung im KZ. Bericht von Suzanne Orts (geb. Pic), 1993.

(Gedenkstätte Buchenwald)

Suzanne Pic nach ihrer Rückkehr nach Frankreich, 1945.

Im Mai 1945 kehrten Suzanne und ihre Mutter zurück nach Paris. 1948 heiratete Suzanne Elie Orts. Aufgrund einer Tuberkulose-Erkrankung konnte sie ihre Schulausbildung nicht beenden.

(Privatbesitz Familie Madar)

Suzanne Orts (rechts) im Rahmen einer Gedenkveranstaltung zusammen mit anderen Überlebenden des KZ-Außenlagers in Leipzig, 13. April 1996.

Suzanne sprach mehrfach als Zeitzeugin mit Schüler:innen über ihre Erfahrungen und schrieb ihre Verfolgungsgeschichte in den 1990er Jahren auf. Sie nahm an Gedenkveranstaltungen in Leipzig teil, bei denen sie auch andere Überlebende, wie hier auf dem Foto Danuta Brzosko-Mendryk und Zofia Kolecka-Fugiel, wiedersah. Gemeinsam setzten sie sich für die Aufarbeitung der Geschichte des ehemaligen Außenlagers ein. Im Februar 2018 starb Suzanne Orts.

(Gedenkstätte Buchenwald)

Weiterführende Informationen:

Gedenkstätte für Zwangsarbeit Leipzig: KZ-Außenlager „HASAG Leipzig“ – Größtes Frauenaußenlager des KZ Buchenwald,
zwangsarbeit-in-leipzig.de.