Vom Raketen- zum Bauunternehmen:
Das Konzentrations­lager Mittelbau-Dora

Nach einem britischen Luftangriff auf die Heeresanstalt Peenemünde verlagerte das Rüstungsministerium die Montage der A4/V2-Raketen in eine Stollenanlage bei Nordhausen. Sowohl den Ausbau der Stollen als auch die Raketenmontage sollten KZ-Häftlinge vornehmen.

Am 27. August 1943 trafen die ersten Gefangenen aus dem KZ Buchenwald am Außenkommando „Dora“ ein, um das Rüstungswerk zu errichten. Ab dem Frühjahr 1944 setzte sie die SS für weitere Bauprojekte in der Region ein. Im Herbst 1944 wurde der Komplex zum eigenständigen KZ Mittelbau. Dora wird dessen Hauptstandort.

Jeder dritte der über 60.000 Häftlinge verlor im Lagerkomplex sein Leben. Die meisten starben an Hunger und Krankheit, durch Arbeitsunfälle und Erschöpfung. Aber auch Hinrichtungen gehören zum Alltag der Gefangenen. Am 11. April 1945 befreiten amerikanische Truppen das KZ Mittelbau-Dora. Sie fanden katastrophale Zustände und nur wenige Überlebende vor, darunter einige Kinder und Jugendliche.

Erste Seite der Transportliste von Buchenwald zum Außenkommando Dora, 27. August 1943.

Mit dem ersten Transport erreichten 107 Häftlinge das Außenkommando Dora, darunter auch einige Jugendliche. Bis Weihnachten 1943 erhöhte sich die Zahl der Häftlinge durch weitere Transporte auf über 10.000. Nur wenige deutsche Gefangene befanden sich darunter. Diese übernahmen meist Posten als „Funktionshäftlinge“ und waren gegenüber ihren Mitgefangenen privilegiert, aber auch von der Gunst der SS abhängig. Den größeren Teil der meist als „politisch“ markierten Häftlinge verschleppte die SS aus der Sowjetunion, Polen, Frankreich und anderen besetzten Gebieten.

(Arolsen Archives)

Blick auf das im Bau befindliche Barackenlager, Sommer 1944.

Das eigentliche Lager Dora existierte bei der Ankunft der Häftlinge im Herbst und Winter 1943/44 noch nicht. Die Häftlinge waren untertage untergebracht. Bis Sommer 1944 entstand ein Barackenlager, in dem durchschnittlich 15.000 Menschen untergebracht waren. Ein Häftling fotografierte den Aufbau des Lagers heimlich.

(KZ-Gedenkstätte Mittelbau-Dora)

Blick von Norden über das Barackenlager Dora, im Hintergrund die Stadt Nordhausen, April 1945 (nach der Befreiung).

(Foto: Gérard Raphaël Algoet, Ceges/Soma, Brüssel)

„Fertigungshäftlinge“ bei der Montage von Steuerungselementen der V2-Raketen, 1944.

Nach der Fertigstellung des unterirdischen Raketenwerks arbeitete ein Teil der Häftlinge in der Raketenmontage. Da es sich um ausgebildete Facharbeiter handelte, setzte die SS hier nur wenige Jugendliche ein. Das Foto entstand im Auftrag des Rüstungsministeriums. Der KZ-Betrieb sollte vorbildlich dargestellt werden, das Leid wurde ausgeblendet.

(Foto: Walter Frentz, KZ-Gedenkstätte Mittelbau-Dora)

Postkontrollkarte des KZ Buchenwald für Edvardo Gagnoni, 1. Juli 1944.

Der 15-jährige Schüler aus Aurisina bei Triest (Italien) wurde am 15. Juni 1944 in seinem Heimatort von der deutschen Sicherheitspolizei verhaftet und wenig später als politischer Häftling mit dem Vermerk „Lagerstufe 2“ (verschärfte Haftbedingungen) in das KZ Buchenwald eingewiesen. Am 25. Juli 1944 überstellte ihn die SS in das Außenlager Ellrich-Juliushütte des KZ Mittelbau-Dora. Dort musste er auszehrende Zwangsarbeit auf Untertage-Baustellen leisten und starb am 18. November 1944.

(Arolsen Archives)

Weiterführende Informationen:

Informationen zu den Außenlagern des KZ Mittelbau-Dora:
aussenlager.dora.de

JUGEND IM KZ MITTELBAU-DORA